Am 22. März 2021 genehmigte der Kreistag im Forum in Mindelheim den Haushalt 2021. Vor der Abstimmung durfte jeder Fraktionsvorsitzende eine Rede zum Haushalt halten.

Ein Fraktionskollege von mir verglich die Reden mit einer Reise auf der Titanic. Die meisten Redner hätten den Befehl „Volle Fahrt voraus!“ gegeben. Ja, so mancher habe sogar bei völliger Ignoranz der möglichen Gefahren gefordert, die Cocktailbar an Bord zu erweitern. Zu meiner Rede meinte er: „Du hast gerufen: Vorsicht, Eisberg voraus!“

Werter Leser, hier können Sie sich selbst ein Urteil bilden:

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

unser Kämmerer, Herr Seefried, hatte die schwierige Aufgabe in unsicheren Zeiten einen Haushalt aufzustellen. Dafür gebührt ihm und allen, die in irgendeiner Form daran mitbeteiligt waren unser Dank.

Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen alle Ausgaben dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit unterstehen.

Im vorliegenden Haushalt ist die Beachtung dieser Prinzipien insbesondere an folgenden Punkten zu erkennen:

– Um Doppelstrukturen zu vermeiden wurde darauf verzichtet, ein vom Bezirk empfohlenes Pflegezentrum zu errichten.

– Der Vertrag für die Gesundheitsregion plus wurde nicht von 4 auf fünf Jahre verlängert.

– Die Teilnahme am European energy award wird für zwei Jahre ausgesetzt.

– Ein eigener Arbeitskreis wurde zur Reduzierung der freiwilligen Leistungen eingesetzt. Leider wurde noch nichts umgesetzt. Hier würden wir uns mehr Mut zu unpopulären Entscheidungen wünschen. Nach Aussage von Landrat Eder soll jedoch daran weiter gearbeitet werden.

– Der Zweckverband Landestheater Schwaben beschloss die Einführung einer neuen und kostspieligen Sparte „Junges Theater“ mit einer eigenen Spielstätte am Schweizerberg. Erfreulicherweise stimmte Kreisrätin Christa Bail dagegen und unser Landrat ließ schriftlich erklären: „Die Zustimmung zu diesem Vorhaben, die mit zusätzlichen finanziellen Aufwendungen verbunden ist, wäre das falsche Signal in einer Zeit, in der spürbar sei, dass öffentliche Haushalte unter Druck geraten.“

Wir von der AfD begrüßen diese Haltung und könnten uns darüber hinaus einen Ausstieg aus diesem Zweckverband vorstellen.

– Auch beim Zweckverband Bauernhofmuseum fiel das Anraten des Landrats zu vorsichtigem und sparsamem Herangehen an Neuinvestitionen auf fruchtbaren Boden.

– Die Verschuldung im Kernhaushalt soll um 4,02 Millionen auf 6,28 Millionen sinken. Allerdings ist die noch vorhandene Allgemeine Rücklage in Höhe von 3,5 Mill. nur noch 2 Mill. von der gesetzlich vorgegebenen Mindestrücklage entfernt.

– Es gibt eine Sonderrücklage Schuldentilgung in Höhe von 7,5 Millionen.

All die bis jetzt erwähnten Punkte bewerten wir als sehr positiv.

– Im nun folgenden Teil möchte ich einige den Haushalt betreffenden Punkte ansprechen, die uns zum Nachdenken bzw. zur Vorsicht anhalten sollten:

– Unser Landkreis steht auf überwiegend gesunden Beinen: Das Unterallgäu hat die viertniedrigste Arbeitslosenquote in Bayern. Wir haben viele erfolgreiche mittelständische Betriebe, die uns lange Zeit hohe Steuereinnahmen garantierten. Die Kriminalität ist niedrig. Allerdings musste ich heute in der Zeitung lesen, dass die Polizeiinspektion Mindelheim bei „schwerer Körperverletzung“ einen Anstieg um 25% zu vermelden hatte.

Die Bevölkerung unseres Landkreises ist relativ konservativ. Viele stehen noch zu dem lange Zeit im christlichen Glauben verwurzelten traditionellen Verständnis von Ehe und Familie, sind pflichtbewusst, gewissenhaft und fleißig.

Leider geht der seit Jahrzehnten anhaltende Werteverfall auch im Unterallgäu nicht spurlos vorbei. Und dieser dürfte mitverantwortlich für die Destabilisierung und Desorientierung eines Teils unserer Familien sein. Dass dies höhere Sozialkosten generiert, liegt auf der Hand.

Nach Auskunft vom Jugendamt brauchen immer mehr Familien Hilfe. 14 Millionen Euro gibt der Landkreis in 2021 voraussichtlich für die Jugendhilfe aus. Immer mehr Kinder müssen in einem Heim untergebracht werden. Während 2019 insgesamt 32 Kinder in einem Heim wohnten, rechnet das Jugendamt 2021 mit 52 Fällen. Das sind mehr als 60% mehr! Damit fallen allein für die Heimerziehung voraussichtlich Kosten in Höhe von 2,45 Millionen Euro an. Auch wenn wir nach § 34 Sozialgesetzbuch VIII dazu verpflichtet sind, würde es sich doch lohnen die Ausgaben im Sozialbereich näher zu betrachten.

– Der Landkreis ist bemüht, den ÖPNV attraktiver zu machen. Das ist gut so. Jedoch sollte man sich nicht der Illusion hingeben, man könne oder müsse gar den Individualverkehr durch den ÖPNV ersetzen. Das wäre nicht bezahlbar und würde auch nicht funktionieren.

– Die Bezirksumlage ist um 0,5% gestiegen. Auf den Landkreis Unterallgäu entfallen rund 2,2 Mio. mehr, davon 1 Mio. € wegen der Hebesatzerhöhung, der Rest wegen gestiegener Umlagekraft. Insgesamt lasten ca. 44 Mill. Bezirksumlage auf unserem Landkreis. Da diese Kosten letztendlich immer von den kreisangehörigen Gemeinden getragen werden müssen, hätten wir uns gewünscht, dass sich der Bezirk mehr auf seine Kernaufgaben konzentriert, was ja auch Bezirksrat Philipp Prestel von den Freien Wählern in seiner Rede zum Bezirkshaushalt betont hat. Nachdem die Mehrheit im Kreisausschuss leider die Zustimmung zur Erhöhung der Kreisumlage versagt hat, wird die Netto-Kreisumlage 2021 um 0,5 Punkte sinken und nur noch 21,5 % betragen. Der Brutto-Hebesatz der Kreisumlage bleibt bei 44,4 %. Uns erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Finanzierungsbedarf des Bezirks kritiklos anerkannt wird, dem Landkreis auf Kreisebene genau dieselbe Anerkennung aber versagt wird.

Die Ablehnung der Erhöhung der Kreisumlage ist gleichbedeutend mit einem Verschieben finanzieller Belastungen in die Zukunft. Das bedauern wir sehr und die AfD-Fraktion musste deshalb lange darum ringen, ob dem Haushalt zugestimmt werden kann.

– Beim Klinikbauprogramm Mindelheim/Ottobeuren rechnen wir mit weiteren Kostensteigerungen in den nächsten Jahren. Deshalb hätten wir gern eine Erhöhung der im Haushalt eingeplanten Ansätze zur Abfinanzierung des Klinikbauprogramms gesehen. Was zusätzlich bei den vielen Diskussionen zum Thema Kliniken Sorge bereitet, ist die negative Haltung eines Teils des Kreistags zum Ziel, Überschüsse zu erwirtschaften. Hier bitten wir darum, Wirtschaftlichkeit und gute Leistung nicht als Gegensätze zu betrachten. Sie sind keine Gegensätze. Sie bedingen einander!

– Bei der Diskussion über Investitionen wurde immer wieder der britische Ökonom Keynes zitiert. Der Staat soll nach ihm immer antizyklisch zur Konjunktur agieren, um die Wirtschaft zu stabilisieren. In Zeiten der Rezession gibt er gezielt Geld aus, um die Nachfrage zu steigern. Wenn die Wirtschaft boomt, dann soll der Staat sparen, um so die Schulden wieder zu begleichen.

Leider wird letzteres in der Regel gerne übersehen oder nur im geringen Umfang erfüllt.

Angesichts der Tatsache, dass der Staat die pandemiebedingten Einnahmeausfälle weitestgehend ausgleicht, tragen wir die vorgesehenen Investitionen in Höhe von 20,8 Millionen uneingeschränkt mit, werden aber stets einen wachen Blick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung werfen und gegebenenfalls eine Kurskorrektur anmahnen.

In so volatilen Zeiten wie wir sie gerade erleiden darf man beim Erstellen eines Haushalts nicht nur das gerade anstehende Haushaltsjahr betrachten. Um mittelfristig nicht in einem Schuldensumpf zu versinken, muss man potentiell zukünftige Entwicklungen einschätzen und so weit wie möglich berücksichtigen. Folgende Probleme sind mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten: Zunehmende Staatsverschuldung bis hin zum Staatsbankrott, Inflation bis hin zur Hyperinflation, endlose teure Eurorettungsaktionen verbunden mit der Vergemeinschaftung der Schulden, Schwächung des Mittelstandes, Arbeitsplatzabbau durch künstliche Intelligenz (KI) und Globalisierung, nach wie vor ungelöste Asylfrage, demographischer Wandel, zunehmende gesellschaftliche Fragmentierung und Polarisierung, Überalterung der Gesellschaft, Personalmehrung durch zunehmenden Staatsdirigismus, Verwirklichung von politischen Zielen, die weitab der Realität nur dem Wunschdenken entspringen.

Trotz all der Unwägbarkeiten und Bedenken stimmen wir dem Haushalt zu.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

-krwr-