Am 18. Oktober wurde im Kreistag unser Antrag zur Programmgestaltung des Landestheaters Schwaben behandelt. Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Wolfgang Reitinger, durfte die Rednerliste beginnen. Diese Rede können sie im Anschluss an diesen Kurzartikel lesen. Da der Antrag schon im Kreisausschuss vorbesprochen war und hier deutlich geworden war, welche hohe emotionale Wellen dieses Thema schlagen kann, war eigentlich eine rege Diskussion zu erwarten.
Doch nichts dergleichen geschah.
Von den anderen Fraktionen meldete sich niemand zu Wort.
Vermutlich war das eine abgesprochene Strategie. Doch der Sinn erschließt sich mir nicht. Ich kann nur Vermutungen äußern. Waren den anderen die Argumente ausgegangen oder hatten sie Angst, klar Stellung zu beziehen? Die Abstimmung ging natürlich erwartungsgemäß aus. In unserem Sinne stimmten nur wir fünf AfD-Kreisräte.
Hier ist meine Rede. Da ich teilweise versuchte frei zu sprechen, ist vermutlich nicht jedes Wort im Text auch gesprochen worden, den Sinngehalt gibt die Rede jedoch zu 100% wider:
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„Sehr geehrte Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,
vorab möchte ich kurz erklären, warum dieser Antrag heute im Kreistag behandelt wird.
Wir schrieben im August die Leitung des Landestheaters an, mit der Bitte um ein Gespräch. Aus mir unverständlichen Gründen erfolgte gar keine Antwort.
Deshalb verschickten wir diesen Antrag an Herrn Landrat Eder, mit der Bitte, ihn im Kreistag zu behandeln.
Landrat Eder war der Meinung, unser Anliegen sei besser im Zweckverband Landestheater Schwaben aufgehoben. Damit waren wir einverstanden. Da wir aber nicht im Zweckverband vertreten sind, musste der Zweckverbandsvorsitzende, OB Schilder, gefragt werden, ob ich den Antrag den Zweckverbandsmitgliedern vortragen darf.
Leider lehnte dies OB Schilder kategorisch ab.
Darum blieb uns schließlich nichts anderes übrig, als den Antrag vom Kreistag behandeln zu lassen.
Nun möchte ich Sie eindringlich bitten, zwischen Antrag und Begründung genau zu unterscheiden! Im Antrag wollen wir nur, dass unsere drei Zweckverbandsmitglieder, Landrat Eder, Frau Bail und Herr Abele, vom Kreistag beauftragt werden, die Leitung des Landestheaters zu bitten, in der Programmgestaltung auch die Interessen der konservativen Menschen zu berücksichtigen. Nicht ein Wort des Antrags lässt den Schluss zu, es sollten irgendwelche Stücke verboten werden. Darum ist es völlig am Thema vorbei, wenn zur Abwehr des Antrags das Grundgesetz herangezogen wird und von einer Beschneidung der Freiheit der Kunst geredet wird. Dieser Artikel im Grundgesetz soll in erster Linie den Künstler vor Zensur und Benachteiligung durch staatliche Stellen schützen, er ist aber kein Freibrief für ein steuergeldfinanziertes Theater, nur eine Gruppe zu bedienen. Der Maler, Kunstfunktionär und Professor Max Schlichting brachte es schon 1912 in der Eröffnungsrede zur Großen Berliner Kunstausstellung auf den Punkt:
„Im Gegensatz zu Privatausstellungen hat eine vom Staat unterstützte Ausstellung die Verpflichtung, alle künstlerischen Bestrebungen gleichmäßig zu fördern.“
In diesem Sinne ist also die Freiheit der Kunst zu verstehen. Sie ist eine Verpflichtung für alle staatlich geförderten Einrichtungen, die ganze Bandbreite künstlerischen Schaffens zur Geltung kommen zu lassen – Unabhängig davon ob einem die Richtung gefällt oder nicht!
Darüber hinaus betrachten wir es als Diffamierung, wenn jemand unseren Antrag in Verbindung mit einem dunklen Kapitel in unserer Geschichte stellt. Nun noch ein paar Worte zu der mehrseitigen Begründung des Antrags. Sie soll nur zum Ausdruck bringen, wie wir viele Theateraufführungen empfinden und warum wir eine Ergänzung des Programms für bitter nötig halten. Dies möchte ich an ein paar Beispielen kurz erklären.
1. Die Regisseurin Pia Richter, sagte z.B. zu dem Stück von Bertolt Brecht in einem Interview:
„Mutter Courage ist eine extrem mutige, fast feministische Figur. Sie lebt als Frau völlig selbstbestimmt, arbeitet und ist sexuell aktiv, die Kinder tragen ihren Namen, sie verzichtet auf einen Vater als Ernährer. Mit ihrer Globetrotter-Patchwork-Familie ist sie ein krasses Gegenstück zum nationalsozialistischen Frauenbild dieser Zeit und sehr modern.“ Auch wenn vielleicht die Beschreibung der Eigenschaften von Mutter Courage weitestgehend mit dem Original übereinstimmt, werde ich das Gefühl nicht los, dass hier ein Familienbild propagiert werden soll, das im krassen Widerspruch zum biblischen Bild von Familie und zur traditionellen Familie steht.
2. Das LTS ist auch um politische Bildung bemüht. Allerdings erscheinen uns die dabei vermittelten Botschaften dem Reich der Utopien entnommen. Probleme beim Namen zu nennen, nicht unter den Teppich zu kehren, den Realitätssinn zu stärken und auch andere Meinungen zu Wort kommen zu lassen, halten wir für ein höheres Ziel, als die Menschen in ihrer Traumwelt zu belassen.
3. Das LTS hat sich zum Ziel gesetzt, einen wertvollen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt, die gesellschaftliche Orientierung und die individuelle Sinnstiftung zu leisten. Das ist grundsätzlich lobenswert. Doch wie soll diese Aufgabe gelingen, wenn viele Personen der Stücke selbst in sich zerrissen, auf der verzweifelten Suche nach Orientierung sind und Glück nur in irdischen Dingen suchen.
4. Das LTS führt auch einen Kampf gegen „Rechts“. Diesen halten wir für einseitig und für völlig überzogen. Auch gehört dazu kein besonderer Mut. Gegen uns kämpft doch inzwischen fast jeder und selbst jene, die noch unserer Meinung sind, trauen sich nicht, dies öffentlich zu bekennen. Letzten Endes führt doch diese Art von Kampf gegen „Rechts“ nur zur Verengung des Meinungskorridors. Und dies ist einer gelebten Demokratie unwürdig ist!
Nun möchte ich zum Schluss kommen.
Unser Antrag hat bei einigen zu großer Verstimmung geführt. Er hat Gräben sichtbar gemacht, die wir bisher nicht so richtig wahrhaben wollten. Um diese Gräben nicht durch einen nun mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgenden verbalen Schlagabtausch zu vertiefen und um weiterhin eine gedeihliche Zusammenarbeit zu ermöglichen, bitte ich um eine sachliche Diskussion. Jene, die sich auch dem bürgerlich konservativen Lager zurechnen, bitte ich, den Mut zu haben dem Antrag zuzustimmen. Dass dazu Mut gehört ist mir bewusst, bedenken Sie jedoch, Demokratie lebt in erster Linie von mutigen Politikern, die auch bereit sind, gegen den Strom zu schwimmen.“